Tanzen für den älteren Menschen – eine unterschätzte Prävention

Tanzen für den älteren Menschen – eine unterschätzte Prävention

Viele Studien haben inzwischen gezeigt, dass geistiges und körperliches Training eine der besten Vorsorgemaßnahmen für ein gesundes Alter sind. Prof. Dr. med. Ingo Füsgen, Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke sagt Ihnen warum das Tanzen im Alter besonders wichtig ist.

 

Tanz
Beim körperlichen Training werden gerne Schwimmen, Radfahren, Joggen, Walking empfohlen. Nicht jeder Ältere aber kann sich für eine solche körperliche Aktivität entscheiden. Völlig vergessen wird dabei das Tanzen. Bereits 1977 wies Dr. Brügmann in einem Artikel darauf hin, dass Tanzen die charmanteste Art für den Älteren ist, leichte Gymnastik zu treiben. Die Grundformen: Gehen, Federn, Laufen und Schwingen sind in nahezu idealer Weise im Tanzen enthalten, außerdem gute Haltungsschulung, Muskeltraining, Stärkung von Herz und Kreislauf. Tanzen macht außerdem Spaß und man vergisst dabei, dass man etwas für die Gesundheit tut. Tanz lässt die körperliche Übung nicht als Anstrengung empfinden. Er trainiert unmerklich.

In der Sportmedizin hat es sich eingebürgert und als zweckmäßig erwiesen, bei den einzelnen Sportarten verschiedene Trainingsformen zu unterscheiden: Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Flexibilität und Koordination. Kraft und Schnelligkeit könnten sicherlich beim Tanz des Älteren übergangen werden, sie haben hier keinerlei Bedeutung. Anders ist es dagegen mit dem Ausdauertraining. Es gibt einige Untersuchungen die sehen den Tanz als eine solche Möglichkeit, andere bezeichnen den Tanz mehr als Intervalltraining. Gebessert werden in jedem Fall Herz-, Kreislauf- und Lungensystem.

Von großer Bedeutung ist, dass die Flexibilität bei allen Tänzen und damit auch beim Tanzen Älterer sicher günstig beeinflusst wird. Die Wirbelsäulengelenke, Gelenke der Beine und Füße samt der dazugehörigen Muskulatur werden gelockert und gefestigt, Abnutzungserscheinungen des Knochen- und Bändersystems vorgebeugt, ähnlich auch beim Hals-, Nacken- und Schultergürtel. Von Bedeutung ist der Tanz auch für die Koordination. Sowohl beim Lernen neuer Übungsformen als auch bei der regelmäßigen Ausübung, wird neben der Beherrschung des Körpers auch der Geist angesprochen. Gute Aufmerksamkeit und Gedächtnis gehören dazu, wenn ein Tanz gelingen soll.

Eine wertvolle Beobachtung gibt es in der Literatur, der beim Vergleich eines Tanzes erst zu zweit oder in Gruppen, gegenüber einem Tanz, in dem jede Person allein den vorgegebenen Rhythmus sich anpasste, Aussagen machte. Es ist verständlich, dass bei einem Programm normaler Tänze, nicht abgestimmt auf die Leistungsfähigkeit alter Menschen, die sehr rasch in ein Bewegungsdefizit kommen, resignieren und nur zuschauen. Bei dem Tanz „allein“, ein jeder für sich, entsteht ein spontanes Bewegungsspiel aller, eine Gleichheit in der Gruppe mit unterschiedlichen Aktionen und Zeitfolgen trotz des vorgegebenen Rhythmus. So muss nicht immer in Paaren getanzt werden, was schon meistens aufgrund des Überhanges älterer Frauen nicht möglich ist, sondern ein Einzeltanz kann zwischen den Gemeinschaftstänzen ebenfalls sinnvoll sein.

Nicht vergessen werden darf der Einfluss der Musik und des Rhythmus, ohne die ein Tanz nicht denkbar ist. Ein hohes Maß von Lebensfreude kann durch Tanz und Musik erhalten bleiben, oder, wenn verloren, wiedergewonnen werden. Über seine Funktion im Gesellschaftsleben und damit für die im Alter so wichtige soziale Kommunikation hinaus ist der Tanz ein Mittel für alle Älteren, die sich ins hohe Alter frisch und leistungsfähig erhalten und dabei ihre Lebensqualität bewahren wollen.